Mittwoch, 8. November 2017

Faszination Pilgern (aktualisiert)

Pilgern hat seit den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts zunehmendes Interesse gefunden - ja es hat sich geradezu ein Pilgerboom entwickelt. Der Jakobsweg  auf der Grenze zwischen Orient und Okzident gilt dabei offensichtlich die größte Attraktion. Sie verstärkte sich im deutschsprachigen Raum noch durch das Buch von Hape Kerkeling: Ich bin dann mal weg 2006 (Verfilmung: 2015).
An diesen Titel knüpft das neue Buch von Hermann-Josef Frisch an: Man ist dann mal weg. Über das Pilgern. Darmstadt: Theiss (WBG) 2017. Verlagsinformation: hier

Von der Faszination des Pilgerns sprach bereits Manfred Gerland, der Leiter eines evangelischen Bildungshauses am Hohen Meißner, auf der Grenze zwischen Hessen und Thüringen. Seine eigenen Erfahrungen mit Wallfahrten und Pilgerwegen in der Nähe, aber auch auf den großen spirituellen Wanderrouten verbindet er mit historischen Überblicken und grundsätzlichen Überlegungen im Sinne einer Lebensorientierung. Dabei kommen auch andere religiöse Pilgertraditionen wohlwollend in den Blick.


Angesichts des ungebrochenen Trends “Pilgern – nicht nur auf dem Jakobsweg" -  werden spirituell Interessierte viele innere und äußeren Aufbruch wichtige Anregungen finden. Die Literatur ist inzwischen unübersehbar geworden.
Eine Art Zwischenbilanz bietet das 2012 erschienene Buch. Es entstand im Zusammenhang einer Tagung an der Fernuniversität Hagen:

Patrick Heiser / Christian Kurrat: Pilgern gestern und heute.
Berlin: LIT 2012, 2014, 2. Aufl.


Grundsätzliches und Praktisches verbindet der 2004 erschienene Band:
Reinhard Kirste, Paul Schwarzenau, Udo Tworuschka (Hg.): Wegmarken zur Transzendenz - interreligiöse Aspekte des Pilgerns.
Religionen im Gespräch, Bd. 8 (RIG 8). Balve: Zimmermann 2004, 518 S.

Der Zweijahresband RIG wartet in seiner 8. Ausgabe, die wie schon der vorherige Band viersprachig ist, mit einem Thema auf, das die Einbeziehung der äußeren Wallfahrten wie auch der zahlreichen inneren „Pilgerwege", Häuser der Stille etc. ermöglicht. Dem sind hier in einem Hauptteil Beiträge auf über 200 Seiten gewidmet, einschließlich zahlreicher Texte von andersreligiösen Autoren/Autorinnen: Alice Arcana Schumann (Hinduismus), ReiMyo-Tierelinckx (Zen-Buddhismus), Bekir Alboga, Halima Krausen (Islam) u.a. Im großen Teil der „Dokumente und Berichte" wird wie immer über wichtige Projekte und Konferenzen Auskunft gegeben, das Istanbuler Diyanet-Protokoll (Mai 2002) wie auch das Ostasien-Studienprogramm in Kyoto (M. Repp), die Islamisch-Christliche Arbeitsgruppe (ICA, Chr. Elsas), das Projekt Weltethos (M. Bauschke) und vieles andere finden hier ihren Platz. Der ca. 100-seitige Abschnitt „Grundsätzliches zum interreligiösen Dialog" enthält u.a. den Grundsatzbeitrag von U. Tworuschka über einige Perspektivwechsel in der Religionswissenschaft in Anbetracht des weltweiten interreligiösen Dialogs. Der auch diesmal sehr umfangreiche Rezensionsteil ist zu einem Teil Büchern im Sinne der thematischen Ausrichtung gewidmet, zu einem Teil allgemein Veröffentlichungen zum interreligiösen Dialog. Auch ein (bislang) nur im Internet zugängliches „Buch" C. Sölings Dissertation zu einer evolutionären Religionstheorie) wird hier besprochen.

Wie schon in früheren Jahren erweist sich dieses (Zwei-)Jahrbuch als Fundgrube für alle, die an neueren Entwicklungen in unserer religiös pluralen Welt interessiert sind. Angesprochen ist sowohl ein breit interessiertes Publikum als auch durchaus die Fachwelt mit eher wissenschaftlichen Anliegen.
Ulrich Dehn
Aus: Materialdienst der EZW, Berlin, 68. Jg. Nr. 09 (2005), S. 356-357



 

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