Freitag, 22. Mai 2015

Damit die Menschlichkeit nicht verloren geht ...

Der große Aufklärer Denis Diderot (1713-1784) erinnerte bereits daran, dass Fanatismus in brutale Gewalt umschlagen kann: 

                 Von der Philosophie zur Gottlosigkeit ist es eben so weit
                 wie von der Religion zum Fanatismus,
                 aber vom Fanatismus zur Barbarei ist es nur ein Schritt.

                                                                                             (aus: Dédicace de l'essai sur le mérite et la vertu, 1745)

Vgl. dazu auch den Artikel von Voltaire (1694-1778)
im Dictionnaire Philosophique: TOLÉRANCE / TOLERANZ

             
Der Medienmanager und Ex-Politiker Jürgen Todenhöfer
macht mit seinem neuesten
Buch "Inside IS" beeindruckend auf diese Zusammenhänge aufmerksam. Er hat im IS-Staat wahrhaft extreme Erfahrungen gemacht. Dadurch machte er mit großem persönlichem Risiko  auf die kompromisslose und brutale Haltung der IS-Kämpfer aufmerksam:
Inside IS - 10 Tage im "Islamischen Staat".
München: Bertelsmann 2015


Todenhöfer hat übrigens schon mit seinen bisherigen Büchern versucht, die Gewissen seiner Leser zu schärfen. Er hat sehr deutlich dazu auch auf die Irrtümer westlicher Politik im Nahen und Mittlern Osten sowie in Afghanistan hingewiesen:
  • Wer weint schon um Abdul und Tanaya?
    Die Irrtümer des Kreuzzugs gegen den Terror.

    Mit einem aktuellen Nachwort. Geleitwort von Hans Dietrich Genscher. Freiburg/Br.Herder 2003, 2. Aufl 2008
    Rezensionsnotizen in "Perlentaucher" (Februar 2003)
  • Teile dein Glück und du veränderst die Welt.
    Fundstücke einer abenteuerlichen Reise.
    München: Bertelsmann 2010, 5. Aufl.
    --- Rezension: hier

Angesichts der Tatsache, dass sich nicht wenige junge Leute aus Europa dem sog. Islamischen Staat anschließen, lohnt der Blick zurück auf Experimente, die das Aggressions- und Gewaltpotential von ganz "normalen" Menschen, also von uns allen, in beunruhigender Weise deutlich machten. Gerade in einer demokratischen Gesellschaft ist es wichtig, die dunklen Schatten in der eigenen Seele und die Gewalt-Gefährdungen in sich selbst wahrzunehmen. Sich dies bewusst zu machen und an  sich selbst für Frieden und Versöhnung und gegen jegliche Gewaltgelüste zu arbeiten, ist darum eine Leben not-wendende Aufgabe. Von daher hat die Bergpredigt Jesu bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt, das heißt: Mut für einen Frieden ohne Gewalt zu machen.

NOTWENDIGE ERINNERUNGEN

1. Das Milgram-Experiment: 1961 führte der Psychologe-Professor  Stanley Milgram ein Experiment in New Haven (Connecticut) durch: Die Versuchspersonen mussten auf Anweisung  Menschen mit Stromschlägen bestrafen, wenn diese falsche Antworten gaben. Die (nur scheinbar gegebenen) Stromschläge konnten bis in so hohe Voltzahlen verabreicht werden, dass die zu befragende Person dies nicht überlebt hätte ...
 
2.  Extremes Experiment: Im Fernsehsender France 2 lief im Jahre 2010 eine Art Quiz, das unter dem Titel "Le jeu de la mort" (Todesspiel) angekündigt wurde. Der Film bzw. das Video und das daraus entstandene Buch dokumentieren dies eindrücklich:
Christophe Nick und Michel Eltchaninoff: L’expérience extrême. 
Paris: Don Quichotte (Seuil) 2010, 300 S.
Man erlebt faktisch eine Variante des Milgram-Experiments in neuer medienwirksamer Form. Die Teilnehmer meldeten sich alle freiwillig dazu. Hier zeigt sich dramatisch die Bereitschaft von Menschen,  autoritären Anweisungen  zu folgen. Denn auch im "Todesspiel" wird die "Versuchsanordnung" scheinbar bis ins tödliche Extrem getrieben: Der natürlich eingeweihte und für die Teilnehmer nicht sichtbare Befragte, schreit verzweifelt, wenn er von den Versuchspersonen "Stromschläge" aufgrund falscher Antworten erhält und schweigt beim sog. höchsten Stromstoß.

Bei den Mitspielern dieses extremen Experiments bleiben ein aufmerksames Gewissen, Mitgefühl und moralische Werte auf der Strecke:

Die Mahnung zum kritischen Denken, die Aufmerksamkeit gegenüber jeglicher Manipulation, der Widerspruch gegen autoritäre Anweisungen und die Bewahrung der Freiheit für alle sind so hohe Güter, dass sie immer wieder umfassend gehört und bedacht und friedvoll verteidigt werden müssen.






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