Samstag, 9. September 2023

Die Atombombe auf Hiroshima und die Folgen: "Sadako will leben" & "Hiroshima Capriccios" (aktualisiert)


Karl Bruckner: Sadako will leben [1961].
Wien – München: Jugend & Volk, 1990, 12. Aufl., 189 S.
--- ISBN 3-7141-1307-X
Erstausgabe 1961, Deutscher Jugendbuchpreis 1963.
Neuauflage: Arena Verlag Würzburg 2006, TB Arena life
In dem Jugendbuch „Sadako will leben“ (für Kinder ab 10 Jahren geeignet) schildert Bruckner auf eindringlichste Weise den Atombombenangriff durch das amerikanische Milität auf die japanische Stadt Hiroshima am 6. August 1945 gegen Ende des 2. Weltkriegs. Dazu führt er den Leser durch 10 Lebensjahre des japanischen Mädchens Sadako und seiner Familie.
Das Buch ist in zwei Hälften eingeteilt: 

Im ersten Teil schildert der Autor Ausschnitte der letzten Tage und Stunden vor dem großen Anschlag. Hierzu verweist er auf vollkommen unterschiedliche Perspektiven: Es werden die Gedanken einiger amerikanischer Soldaten sowie der Befehlshaber dargestellt. Aus dieser Perspektive erhält der Leser auch Einblicke in die Sorgen und Ängste der Angreifer-Seite, er erfährt, dass diese Krieger ganz „normale“ Menschen sind, die wehrlos ihren Anweisungen ausgeliefert sind. Auf der anderen Seite werden mehrere Bewohner der Stadt Hiroshima eingeführt:
Ältere Menschen, Kinder, Soldaten. Bereits in diesem ersten Teil wird das vierjährige Mädchen Sadako mit ihrem Bruder Shigeo und den Eltern der Familie Sasaki eingeführt, im Laufe des Buches spitzt sich der Fokus mehr und mehr auf die Situation des Mädchens zu.
In diesem Teil des Buches scheint soweit noch alles einigermaßen in Ordnung zu sein. Es herrscht zwar Krieg, die japanischen Menschen hungern und leiden unter der Situation. Jedoch haben sie sich, so gut es eben geht, mit der Situation arrangiert und leben ihr Leben.
In einem kurzen, dafür aber umso eindrücklicheren Mittelteil wird der Bombenangriff – erneut aus den Perspektiven der zuvor eingeführten Figuren – geschildert. Zudem erhält der Leser zusätzlich einen Einblick in den konkreten Moment des Bombenabwurfes. Der Autor nimmt den Leser mit auf den Flug der Maschine „Enola Gay“ und schildert aus nächster Nähe die Emotionen der drei Flieger der Maschine. Dieser Teil umfasst nur wenige Seiten, ist aber sehr berührend. Durch die Nähe, die Bruckner zuvor zu den Figuren geschaffen hat, wirkt die Katastrophe umso unglaublicher und schrecklicher.
In dem zweiten, großen Teil führt der Autor den Leser nun sehr ergreifend durch das Leben der Familie Sasaki. Beginnend bei den ersten Minuten nach der großen Explosion bis zu einem Zeitpunkt 10 Jahre nach der Katastrophe. Die Schilderungen sind sehr ergreifend und nahegehend; als Leser fühlt man die Freuden und Leiden der Familie sehr intensiv nach. Es entsteht ein ständiges Auf-und-Ab der Emotionen. Mal denkt man, die Familie könne sich endlich aus ihren Leiden befreien und zu einem angenehmeren Leben zurückkehren, man freut sich mit den Figuren über die kleinen (und in dem Zusammenhang doch so großen) Glücksmomente, nur um im nächsten Moment wieder hart auf den Boden der Tatsachen zurück gerissen zu werden und den nächsten Rückschlag durchleben zu müssen. Man fühlt sich als Teil der Familie und kann das unbeschreibliche Leiden und die Trauer kaum fassen.
Trotz des großen Leides gelingt es Bruckner, ein Buch zu verfassen, das nicht nur aus Leid und Negativem besteht. Durch die Augen der leidenden Menschen lernt man, die kleinsten Freuden als großes Glück wahrzunehmen und freut sich mit ihnen über diese kleinen „Geschenke“.
Mit diesem Jugendbuch ist Bruckner ein echtes Meisterwerk der Literatur über den zweiten Weltkrieg gelungen. Durch seine einfühlsamen Schilderungen wird der Leser mitgenommen auf eine Reise in ein völlig anderes Leben, das trotzdem sehr intensiv nachempfunden werden kann. Ich halte das Buch für sehr empfehlenswert für jeden, der einen Einblick in das Leben der Kriegsopfer von damals erhalten möchte.
Carina Höfer
im Rahmen eines Seminars an der TU Dortmund zum Thema:
„Theorie und Praxis der Religionen bei Krieg und Frieden“ (SoSe 2012)
 
«Hibakusha» heissen die Überlebenden
des Atomangriffs von 1945:


Hiroshima ist eine normale Stadt,

aber ganz normal ist es bis heute nicht
(Leopold Federmair, NZZ online, 06.09.2023)

Leopold Feldmair:  Hiroshima Capriccios.
Salzburg: Otto Müller 2023, 332 S.



Rz-Bruckner-Sadako, 25.06.12 u.ö.

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